13.06.2018
Das Projekt SAFARI (Smartphonebasierte Schaltzeitprognose und Fahrerassistenz) ist ein von der Bayerischen Forschungsstiftung (BFS) gefördertes Forschungsprojekt. Im Projekt wurde eine Ampelschaltzeitprognose und deren Übertragung und Anzeige auf einem Smartphone des Fahrers umgesetzt. Projektpartner waren neben der Bayerischen Medien Technik GmbH (bmt) die SCHLOTHAUER & WAUER GmbH, Niederlassung München und der Lehrstuhl für Ergonomie. Die Projektlaufzeit war von Mitte 2016 bis Anfang 2018.
Die Verkehrstechnik-Ingenieure von SCHLOTHAUER & WAUER GmbH (vormals TRANSVER) erarbeiteten im Projekt Verfahren um aus Floating-Car-Daten die Programmabläufe von Lichtzeichenanlagen (Ampeln) abzuleiten. Die so gewonnen Informationen wurden von den Nachrichtentechnik-Experten der bmt in einer eigens spezifizierten TPEG Applikation (TPEG TSI – Traffic Signal Information) hybrid über Mobilfunk und Digital Audio Broadcasting (DAB+) übertragen. Im Fahrzeug angekommen, hat der Lehrstuhl für Ergonomie die Informationen dem Fahrer in einer für die Fahrsituation geeigneten Smartphone App präsentiert.
Das Projekt SAFARI
Im Projekt wurde eine Ampelschaltzeitprognose und deren Übertragung und Anzeige auf einem Smartphone des Fahrers umgesetzt.
Datenverarbeitung
In der vorgestellten Datenverarbeitung und -verwaltung wird basierend auf einer aufbereiteten digitalen Open Street Map (OSM) Karte, die Kreuzungsgeometrie definiert, die alle benötigten Informationen über die zugelassenen Fahrbeziehungen und die Positionen der entsprechenden Haltlinien beinhaltet. Die Kombination dieser Informationen mit den aus den Floating-Car-Data (FCD) generierten Trajektorien ermöglicht die Ermittlung der historischen Durchfahrtsvorgänge. Mittels linearer Interpolation wird somit der genaue Zeitpunkt ermittelt, in dem jedes Fahrzeug über diese Kreuzung gefahren ist. Die Rekonstruktion der Signalprogramme beruht auf dem Prinzip der umlaufbasierten Verkehrssteuerung. Die zurückliegenden Zeiträume und Trajektorien werden basierend auf einem Referenzzeitpunkt und einer angenommenen Umlaufzeit überlagert. Bei wachsender Anzahl der Trajektorien bilden sich auf Grund der Faltung von Umläufen und Trajektorien Schätzwerte für die Umlaufzeit und die Freigabezeit aus. Die folgende Abbildung zeigt die überlagerten und zeitlich zugeordneten Trajektorien. Das angewendete Verfahren basiert auf der Dissertation von Steffen Axer, Estimating Traffic Signal States by Exploiting Sparse Low-Frequency Floating Car Data.
Daraus ergibt sich eine Durchfahrtenverteilung, die als Grünwahrscheinlichkeitsverteilung innerhalb eines Umlaufs zu interpretieren ist. Genauer gesagt werden die Anfahrts- und Haltevorgänge der Fahrzeuge zu bestimmten Zeitpunkten innerhalb der Umlaufzeit ermittelt. Die errechneten Ergebnisse werden im TPEG TSI Format an die TPEG Sendestation weitergegeben und erreichen schlussendlich über DAB oder Mobilfunkdatenübertragen das Endgerät im Fahrzeug.
Datenübertragung
Für die Datenmodellierung und Übertragung wurde im Projekt von Anfang an konsequent auf den Einsatz der standardisierten TPEG Technologie gesetzt. Vorteile sind die schnelle Umsetzung mit bewährten Werkzeugen und vielfältige Übertragungsmöglichkeiten, wie z.B. über Digitalen Rundfunk und Mobilfunk.
Das Datenmodell wurde in mehreren Iterationen entwickelt, implementiert und getestet.
Von der bmt wurden TPEG-Werkzeuge entlang der ganzen Überrtragungskette für den Einsatz mit TSI-Daten erweitert und den Projektpartnern bereitgestellt. Der Einsatz der handelsüblichen Softwarebausteine TPEG ONAIR, TPEG Analyser, TPEG Editor und TPEG Decoder Library minimierte den für die Aussendung zu erbringenden Projektaufwand.
Besonders erwähnenswert ist die Umsetzung einer hybriden Anbindung (DAB+ und Mobilfunk) der Client-Applikation auf dem LG-Stylus 2 DAB+, einem handelsüblichen Android-Smartphone mit integriertem DAB+-Empfänger.
Für den Endanwender ist dies eine automatische Verbesserung der Verfügbarkeit und eine Minimierung des Internetverkehrs unterwegs, da je nach Verfügbarkeit automatisch und völlig transparent für den Anwender der DAB-Empfang verwendet werden kann.
Die eigens für das Projekt modellierte TPEG-Applikation (TSI – Traffic Signal Information) wurde in den Standardisierungsprozess bei der TISA eingebracht und steht somit zur schnellen Markteinführung zur Verfügung.
Präsentation im Fahrzeug
Das Userinterfacekonzept der Smartphone Applikation orientiert sich an einem möglichst minimalistischen Design. Vorangegangen Untersuchungen haben gezeigt, dass die Anforderungen international anerkannten Richtlinien zur Gestaltung von Human-Maschine-Interfaces (ESoP[1], NHTSA[2] und AAM[3]) im Fahrzeug erfüllt sind[4].
Die App ruft sowohl die Infrastrukturdaten also auch die Schaltzeiten der Lichtsignalanlagen mittels der eingebundenen TPEG Decoder Library vom Server ab. Dazu werden zwei unterschiedlich Kommunikationskanäle, mobiles Internet und DAB bereitgestellt. Die Abfrage nach neueren Daten findet im Minutentakt statt, sodass die App immer die aktuellsten Daten verwendet und schnell auf mögliche Änderungen reagieren kann. Im Ausblick auf eine deutlich größeres Einsatzgebiet kann dadurch auch das Datenvolumen reguliert werden, indem nur die relevanten Daten abgerufen werden. Die Smartphone Applikation nutzt zur Positionsbestimmung das GPS Signal und wählt daraufhin die in Frage kommenden Kreuzungen dynamisch aus. Die Entfernung zur nächsten LSA wird den Nutzern auf dem Display ausgegeben.
Da es sich um ein Forschungsprojekt handelt, werden unteranderem die Positions-, Geschwindigkeits- und Zustandsdaten der App jedes Nutzers verschlüsselt an einen Server des Lehrstuhls gesendet. Anhand dieser Daten könnte das langfristige Nutzungsverhalten untersucht werden. Ebenfalls können diese Daten herangezogen werden um die Rekonstruktion der Prognosen zu optimieren.
Quelle
SCHLOTHAUER & WAUER GmbH,
Bayerische Medien Technik GmbH,
TUM Lehrstuhl für Ergonomie,