06.04.2023
Guten Tag Herr Dr. Stroh, Sie leiten die Zentralstelle Verkehrsmanagement (ZVM) an der Landesbaudirektion. Was macht denn die ZVM genau?
Die ZVM gehört zu den Exoten in der Staatsbauverwaltung und könnte genauso gut im Ressort Digitalisierung angesiedelt sein. Wir schlagen im Freistaat die Brücke zwischen beiden Fachbereichen und bewegen uns in der Welt der „Intelligent Transport Systems“ (ITS).
Innerhalb der ZVM gibt es zwei Sachbereiche. Der Sachbereich Verkehrsplanung und Verkehrssteuerung beschäftigt sich mit Verkehrssimulation, Verkehrsmodellierung und der Verarbeitung von Verkehrsdaten. Hervorzuheben ist hier das Landesverkehrsmodell Bayern (LVM-By), ein digitaler Zwilling des Freistaats. Mit diesem Werkzeug ist es möglich, die verkehrlichen Auswirkungen unterschiedlichster Planungsszenarien – z.B. Ausweisung eines neuen Baugebiets bzw. Industriestandorts, Bau einer neuen Umgehungsstraße oder auch Preisgestaltung im ÖPNV – zu prognostizieren. Mit den Ergebnissen können beispielsweise Planfeststellungen unterstützt oder Argumentationsgrundlagen für politische Entscheidungen geliefert werden. Daneben beschäftig sich das Team u.a. mit Car2X-Kommunikation, autonomem Fahren und Lichtsignaltechnik (z.B. Anschluss aller bayerischen LSA an einen Zentralrechner).
Der zweite Sachbereich in der ZVM befasst sich mit Verkehrsinformationen und dem Baustellenmanagement in Bayern. Hier ist im Wesentlichen das für jeden Bürger online und per App zugängliche System BayernInfo zu nennen. Dies ist ein multimodales Verkehrsinformationsportal mit Routingfunktion. Die Basisdaten dafür stammen aus erster Hand vom Freistaat und werden in der Verkehrsinformationszentrale Bayern (VIZ-BY) bzw. der BayernInfo-Verkehrsredaktion verarbeitet. Nach der Aufbereitung erfolgt die Übermittlung an die Mobilithek des Bundes, von wo aus Hersteller von Navigationssystemen und Mobilitäts-Apps diese Verkehrsdaten kostenfrei beziehen können.
Und auch ein weiteres wichtiges Mobilitätsfeld haben wir in unserem Zuständigkeitsbereich – den Radverkehr. Mit dem Radroutenplaner Bayern bieten wir der Öffentlichkeit ein kostenfreies familienfreundliches Planungswerkzeug für Fahrradrouten innerhalb Bayerns.
Spannend! Und was sind Ihre Aufgaben dort?
Ich leite das gesamte Team der ZVM, das derzeit aus dreizehn hochqualifizierten Fachkräften unterschiedlichster Disziplinen besteht. Selbstverständlich bedeutet das für mich auch Projektarbeit, Haushaltssteuerung und Begleitung von Vergabeprozessen – da wir mit unserem kleinen Team auf starke Partner aus der freien Wirtschaft angewiesen sind. Auch der Austausch mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr zählt zu meinen Aufgaben, da die Innovationen der ZVM in erster Linie den Menschen im Freistaat zugutekommen sollen. Und selbstverständlich bin ich mit Fachleuten aus anderen Bundesländern und beim Bund im ständigen Austausch.
Alles klar! Und was genau macht die ZVM im Bereich der Verkehrstelematik?
Die ZVM versteht sich als „Thinktank“ des Freistaats im Bereich der ITS. Wir entwickeln bzw. etablieren Innovationen, um den Verkehr flüssiger, sicherer und umweltfreundlicher zu machen. Dazu zählt z.B. die Kurzstreckenkommunikation der Infrastruktur mit Fahrzeugen (C-ITS) oder auch die „backend“ Echtzeitinformation durch unser neuestes Projekt, die „BayernBake“.
Interessant! Worauf ist die ZVM denn besonders stolz?
Grundsätzlich ist es uns wichtig, dass wir uns nicht mit abgehobener „Sciencefiction“ beschäftigen. Alle unsere Projekte sollen kurz- bis mittelfristig Außenwirkung entfalten. Daher möchte ich hier unser neuestes Projekt „Big Data“ hervorheben. Denn der Freistaat verfügt bereits jetzt über unzählige verkehrsrelevante Daten aus unterschiedlichsten Bereichen. Strukturiert zusammengeführt und fachbezogen ausgewertet werden diese einen echten Mehrwert für Verwaltung, Planer, Industrie und nicht zuletzt Bürger bringen.
Und was ist Ihre Motivation, Mitglied bei der ITS Bavaria zu sein?
Das liegt auf der Hand. Die ZVM beschäftigt sich mit ITS-Themen und gehört zum Freistaat Bayern. Somit sehe ich in zweifacher Hinsicht die Notwendigkeit, dass sich die ZVM am ITS Bavaria beteiligt. Persönlich finde ich es spannend, Innovationen voranzutreiben und diese auch umzusetzen. Dies funktioniert aber nur, wenn Wirtschaft, Forschung und Verwaltung eng zusammenarbeiten. Daher bin ich gerne Teil dieser Gemeinschaft.