19.05.2018
Beginnend mit dem Forschungsprojekt ENUBA wird das eHighway-System zur Elektrifizierung des schweren Straßengüterverkehrs seit 2010 auf einer nichtöffentlichen Strecke in Deutschland und seit 2016 auf zwei öffentlichen Strecken in Schweden und Kalifornien erprobt und weiterentwickelt. Für Deutschland sind mit Förderung durch das BMUB Feldversuche auf öffentlichen Straßen geplant. Bild 1 zeigt Fahrzeuge und Infrastruktur der bereits in Betrieb befindlichen Strecken. In Summe sind damit etwa 35 km Oberleitungsstrecke in Betrieb oder fest geplant. Mit Stand 2017 stehen acht schwere Sattel- bzw. Gliederzüge für die Alltagserprobung und Weiterentwicklung von Stromabnehmern und verschiedener (Hybrid)-Antriebskonzepte bereit.
Die Studie „Klimaschutzbeitrag des Verkehrs“ des Umweltbundesamts (UBA) im Auftrag des BMUB führt aus, dass zur Erreichung des sektorübergreifenden Klimaschutzziels für das Jahr 2050 von – 95 % CO2-Emissionen gegenüber dem Referenzjahr 1990 eine nahezu vollständige Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs erforderlich ist. Unter dieser Vorgabe ist die ökologische Bewertung der Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs eng mit der wirtschaftlichen Bewertung und dem Vergleich mit den sonstigen Handlungsoptionen, wie beispielsweise strombasierten, synthetischen Flüssigkraftstoffen oder Gasen, verknüpft. In der Folgestudie des UBA werden die aufsummierten Differenzkosten der verschiedenen Technologieoptionen zur Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs bis zum Jahr 2050 insgesamt und getrennt nach den Bereichen Energiebereitstellung, Infrastruktur und Fahrzeuganschaffung verglichen (Bild 2). Bild 2 verdeutlicht die Rolle der Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs als Basistechnologie zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors, die mit großem Abstand die wirtschaftlichste Handlungsoption darstellt. Dabei sieht das betrachtete Szenario E+ für das am stärksten belastete Teilnetz von 4.000 km eine Elektrifizierung für den Betrieb von Oberleitungs-Lkw vor.
Zur Erreichung durchgängig elektrischer Transportketten werden im Vor- und Nachlauf zu elektrifizierten Abschnitten entweder während der Fahrt an der Fahrleitung nachgeladene Traktionsbatterien oder Hybridsysteme mit strombasierten Kraftstoffen zu Grunde gelegt.
Es ist somit eine enge Verzahnung von einerseits Verkehrs- und Speditionsmarkt und andererseits Technologieoptionen für klimaneutrale Transportketten nötig und möglich. Die „Machbarkeitsstudie zur Ermittlung der Potentiale des Hybrid-Oberleitungs-Lkw“ im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVi) kommt zu ähnlichen Schlüssen – wobei sogar zwei Ausbaustufen von 4.000 km und 8.000 km elektrifizierter Autobahnabschnitte als langfristig gesamtwirtschaftlich positiv erachtet werden und einen großen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten können. Ein verstärkender Erfolgs- und Akzeptanzfaktor kann dabei die am Beispiel Schweden beginnende europäische Vernetzung von Strecken, Logistikmärkten und Technologie-Kooperationen sein. Dies wird durch eine Standardisierung der Fahrzeug- und Infrastrukturschnittstellen unterstützt, die die Interoperabilität des Verkehrs ermöglicht.
Dieser kurze Abriss zum Stand der Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs und seiner wirtschaftlichen Bewertung im Vergleich zu anderen Dekarbonisierungstechnologien zeigt, dass die technologische Entwicklung und auch die Nachweisführung zur Wirtschaftlichkeit bereits sehr weit vorangeschritten sind. Aufbau und Verbreitung von Netzen zur Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs sind jedoch umso wahrscheinlicher, je besser diese Basistechnologie an die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen angepasst und in eine Gesamtstrategie zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors eingebunden ist. Da der Güterverkehr in Europa in stark international vernetzt ist, kann eine Analyse der Rahmenbedingungen und Dekarbonisierungsstrategien nicht auf die nationale Ebene beschränkt bleiben, sondern sollte auf die europäischen Leitmärkte ausgeweitet werden.
Quelle
Siemens