26.04.2019
Eine zunehmende Komplexität der Fahrfunktionen bis hin zum vollautomatisierten Fahren macht virtuelle Testkonzepte immer mehr erforderlich. Das Förderprojekt SAVe konzentriert sich entsprechend auf die Erzeugung eines „Digitalen Zwillings“ am Beispiel der Stadt Ingolstadt. Diese validierte Abbildung der Realität soll eine Grundlage für die notwendige Digitalisierung der Entwicklung des automatisierten Fahrens schaffen. Dabei werden sowohl exemplarische Streckenabschnitte digitalisiert als auch der Verkehr auf mikroskopischer und makroskopischer Ebene modelliert. Im Fokus der Forscher am Forschungs- und Testzentrum CARISSMA der Technischen Hochschule Ingolstadt steht dabei zum einen, durch millionenfache stochastische Simulation des Verkehrs auf mikroskopischer Ebene den Nutzen neuer Verkehrs-Sensierungs-Methoden für Fahrfunktionen an Kreuzungen bewertbar zu machen. Zum anderen soll die generierte virtuelle Umgebung genutzt werden, um gesellschaftliche Aspekte des automatisierten Fahrens durch Visualisierungen zu beleuchten.
36 Mio. Testkilometer – diese Anzahl war 2009 nötig, um einen Oberklasse-PKW mit allen Fahr- und Sicherheitsfunktionen abzusichern. Statistische Analysen prognostizieren einen Anstieg auf ca. 6 Mrd. Testkilometer, um vollautomatisierte Fahrzeuge freizugeben. Diese enorme Zahl resultiert daraus, dass Unfälle seltene Ereignisse sind. Sicherheitskritische Situationen sind schwer auszulösen, zu reproduzieren und nicht zuletzt für Testzwecke aus rechtlicher und ethischer Sicht als äußerst kritisch zu sehen.
Dies motiviert die Erzeugung eines „Digitalen Zwillings“, einer digitalen Abbildung der Realität, um virtuelle Testfahrten durchführen zu können. Das Projekt SAVe zielt darauf ab und versucht für Beispielstrecken in Ingolstadt eine validierte Modellumgebung zu erzeugen.
Das Forscherteam der Technischen Hochschule Ingolstadt fokussiert dabei die mikroskopische Modellierung von Verkehr an einer Kreuzung, um dort das Verhalten von autonomen vernetzten Fahrzeugen (AVF) nachzubilden. Die millionenfache stochastische Simulation eines relevanten Verkehrsszenarios liefert die Datengrundlage für eine randomisierte, kontrollierte und repräsentative Untersuchung. Analog zu einer medizinischen Studie werden „Referenzen“ mit „Behandlungen“ vergleichen, um Fahrfunktionen zu evaluieren. Dabei wird in SAVe insbesondere der Frage nachgegangen, ob und wenn ja, welchen Beitrag zur Verbesserung der Fahrfunktionen des AVF die verkehrliche Infrastruktur – wie z.B. neue Kommunikations- (C2X) und Verkehrs-Sensierungs-Methoden („Birdview“-Observation) als „Behandlung“ – leisten kann. Zur Absicherung der Validität der virtuellen Simulationsmodelle dienen die parallel laufenden realen Erprobungen. Erkenntnisse aus diesen werden in der Simulation implementiert und ihre Wirkung im „Digitalen Zwilling“ analysiert.
Das virtuelle Regionsmodell soll aber auch zur Beantwortung gesellschaftlicher Fragestellungen herangezogen werden. Eine Visualisierung des Verkehrs mit Beteiligung von AVFs wird ermöglicht und schafft ein Verständnis darüber, wie automatisiertes Fahren im Mischverkehr funktioniert, welche Herausforderungen aber auch Chancen in der Einführung zu erwarten sind.
SAVe ist ein Förderprojekt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Quelle: aus unserer Mitgliedschaft: Forschungs- und Testzentrum CARISSMA der Technischen Hochschule Ingolstadt
Bilder: Technischen Hochschule Ingolstadt